Ganz "ethik-los" sind wir nicht

Berufsethik in der Theorie und Praxis Sozialer Arbeit

Bedingt durch den gesellschaftlichen Paradigmenwechsel vom aktiven zum aktivierenden Sozialstaat nehmen betriebswirtschaftliche Forderungen nach Effizienz und Effektivität in der gesetzlichen Sozialhilfe seit einigen Jahren zu. Zudem kommt es zu einer neuen Auslegung der sozialstaatlichen Ziele zur Lösung sozialer Risiken. Die eigenständige Formulierung von berufsspezifischen Werten und Handlungsnormen in der Sozialen Arbeit wird im Hinblick auf sich verändernde gesellschaftliche Haltungen zu einer wichtigen Grundlage, um Professionalität zu gewährleisten und den Fremdbestimmungen über Aufgaben und Zwecke der Sozialhilfe entgegentreten zu können.

Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit berufsethischen Grundlagen der Sozialen Arbeit. Es wird der Frage nachgegangen, welche Funktion die Berufsethik in der Sozialen Arbeit im Zusammenhang mit professionellem Handeln einnimmt und inwiefern sich die Professionellen in der Sozialhilfe an berufsethischen Prinzipien und Handlungsmaximen orientieren (können). Die Fragestellungen werden durch die Auseinandersetzungen mit sozialarbeiterischer sowie berufsethischer Fachliteratur und durch problemzentrierte Interviews mit Professionellen der Sozialen Arbeit in der Sozialhilfe erarbeitet und im Anschluss diskutiert.

In den Ergebnissen wird deutlich, dass eine berufsethische Auseinandersetzung mit der Frage nach dem guten beruflichen Handeln dazu beiträgt, dass sich die Soziale Arbeit gegenüber gestellten Anforderungen aus der Gesellschaft, der Sozialpolitik, von Seiten der Klienten und der Profession klarer positionieren und ihre Aufträge sowie auch Zielsetzungen selbstbestimmter definieren kann. Die Forschungsergebnisse zeigen auf, dass die Professionellen im Berufsalltag vermehrt mit spannungsgeladenen, ambivalenten und dilemmatischen Situationen, in welchen moralische Gehalte, Prinzipien und Werte kritisch gegeneinander abgewogen werden müssen, konfrontiert sind. Des Weiteren zeigt sich aufgrund der komplexen Einzelfälle und Unvorhersehbarkeit der Wirkungen sozialarbeiterischer Interventionen ein verstärkter Bedarf nach Austauschmöglichkeiten sowie Lösungs- und Orientierungshilfen. Wesentliche Grundlagen der Entscheidungsfindung im Berufsalltag bilden die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe sowie die persönlichen Werthaltungen der Sozialarbeitenden. Um eine ausschliessliche Orientierung der Professionellen an persönlichen Werthaltungen oder auch an heteronomen Richtlinien in der Sozialen Arbeit zu vermindern und zu gewährleisten, dass Vorgaben nicht kritiklos ausgeführt werden, sind berufsethische Inhalte vertieft theoretisch zu fundieren und eine reflexive Auseinandersetzung institutionell zu implementieren. Dank der Orientierung an berufsethischen Prinzipien können die Konsequenzen von getroffenen Entscheidungen in der Praxis der Sozialen Arbeit zudem verantwortungsvoller getragen werden und die Professionellen bleiben in ihrer Fachlichkeit nicht auf sich selbst verwiesen.

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Rebecca Winiger, Rosanna Maurer
Ganz "ethik-los" sind wir nicht
Berufsethik in der Theorie und Praxis Sozialer Arbeit
Bachelor-Thesis
147 Seiten
29.08.2013
978-3-03796-467-5