Auswirkungen einer Inhaftierung auf die Angehörigen

Unterstützungsmöglichkeiten einer vergessenen Zielgruppe durch Angehörigenarbeit

Eine Freiheitsstrafe stellt nicht nur für die straffällige Person, sondern auch für deren Angehörige einen massiven Eingriff in den Alltag und die Lebensumstände dar. Spätestens vom Zeitpunkt der Inhaftierung an beginnen für Angehörige und Inhaftierte vollkommen unterschiedliche Entwicklungsprozesse. Das Leben geht für sie in getrennten Welten weiter. Während der Alltag im Gefängnis fremdbestimmt und durchgeregelt ist, stehen die in Freiheit lebenden Angehörigen plötzlich alleine vor vielfältigen Herausforderungen. Die Auswirkungen einer Inhaftierung auf Partnerinnen und Partner, Kinder und Eltern der straffälligen Person können sozialer, psychischer und materieller Art sein und betreffen meist mehrere Lebensbereiche. Angehörige Inhaftierter werden trotz ihrer offensichtlichen und unschuldigen Mitbetroffenheit von Wissenschaft, Strafvollzug und Hilfesystemen seit jeher vernachlässigt. In allen drei Bereichen liegt der Fokus auf den Inhaftierten, während Angehörigen lediglich die Rolle der Nebenadressaten zukommt.

Demgegenüber gilt die Aufmerksamkeit der vorliegenden Bachelor-Thesis ganz den vielfältigen Problemlagen und Bedürfnissen der Angehörigen von Inhaftierten. Zudem geht die Arbeit der Frage nach, wie die vergessene Zielgruppe durch Angehörigenarbeit wirkungsvoll unterstützt werden kann. Zu diesem Zweck werden, nach der ausführlichen Auseinandersetzung mit möglichen Folgen einer Inhaftierung, bestehende und vorbildliche Unterstützungsangebote für Betroffene in Deutschland und der Schweiz vorgestellt. Trotz durchaus vorhandener Ansätze und Bestrebungen, etwas an der schlechten Lage der Angehörigen Inhaftierter zu ändern, wird deutlich, dass wir insbesondere in der Schweiz von einem flächendeckenden Hilfsangebot weit entfernt sind.

Um eine wirkungsvolle und nachhaltige Unterstützung zu gewährleisten, die dem Bedarf der Zielgruppe gerecht wird, braucht es sowohl in der Justiz als auch in der Sozialen Arbeit einen Mentalitätswechsel. Ein wichtiger Fortschritt wäre die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Förderung der Angehörigenarbeit im Justizvollzug. Damit die positiven Bestrebungen nicht an mangelnden Ressourcen bzw. Mitteln scheitern, gilt es auf diesem Weg eine langfristige Finanzierung anzustreben.

Bis dahin ist seitens der Sozialen Arbeit mehr Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit für Angehörige von Inhaftierten gefordert, sowie eine überprofessionelle Vernetzung zugunsten der Zielgruppe und in der direkten Zusammenarbeit mit Betroffenen ein spezielles Bewusstsein für ihre aussergewöhnliche Lage.

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Ilona Korell
Auswirkungen einer Inhaftierung auf die Angehörigen
Unterstützungsmöglichkeiten einer vergessenen Zielgruppe durch Angehörigenarbeit
Bachelor-Thesis
67 Seiten
05.2020
10.26038/100929