Weichen stellen

Fortschreitende differenzierende Triade (FDT)

Die Alltagsarbeit auf den Erziehungsberatungsstellen, in den Institutionen der psychosozialen Versorgung überhaupt geschieht unter permanentem Fall- und Zeitdruck. Mit der Fortschreitenden differenzierenden Triage (FDT) wurde eine Anleitung geschaffen, die versucht diesem Fall- und Zeitdruck zu begegnen. Dabei werden sowohl die ideellen Leitlinien wie die handlungspraktischen Kompetenzen berücksichtigt.

Zu den unverzichtbaren handlungsleitenden Prinzipien werden gezählt: Die Berücksichtigung des Kindeswohls, die Situationsadäquatheit der Handlung, die Ausrichtung an der Hilfe zur Selbsthilfe, die Respektierung der Subsidiarität, die Berücksichtigung der Ökonomie, die verschiedenen Bereiche der Legitimation und die strickte Berücksichtigung der fachlichen Kompetenz.

Auf der Ebene des praktischen Handlungsvollzugs wird gezeigt, wie der Arbeitsprozess in mehr oder weniger grossen Handlungsbögen von Abschnitt zu Abschnitt gelangt, zu quasinatürlichen Einhalten, Etappen im Fortschreiten – sie werden Knoten oder Weichen genannt. Hier ist der Ort, der Zeitpunkt, der Augenblick zur Reflexion wie gezielt weiter fortgeschritten werden kann im Prozessverlauf selber. Diese Reflexion geschieht schnell innerlich, oder explizit mit den Klientinnen und Klienten oder abgesetzt in der Intervision oder Supervision. Ohne abschliessend sein zu können, werden für die makro-prozessuale Ebene eines ganzen Fallgeschehens die Knoten bzw. Weichen aufgezählt und einzeln erörtert. Gleichzeitig wird gezeigt, wie die Bearbeitung jeden fachlichen Anspruchs, jeder Fragestellung in einer Chronologie von vier Phasen, die immer dieselben bleiben, angegangen werden kann:

Einstieg – Exploration/Urteilsbildung – Intervention – Abschluss
Wir nennen diese Chronologie die „stehende Sequenz“, weil gezeigt werden kann, dass eine Einstiegs- phase mit einer ersten Orientierung worum es geht, mit einer ersten Annäherung an das Problem und Prioritätensetzung abgelöst wird von einer intensiveren, systematischen und informellen Exploration als Vorbereitung der Urteilsbildung, welche unverzichtbar ist für die Entwicklung eines Interventions- konzepts, welches danach zielbezogen durchgeführt wird und seinen Abschluss in der Evaluation findet.

Fortschreitende differenzierende Triage meint, sich immer wieder Klarheit zu schaffen versuchen: Wo stehe ich gerade? In welchem Rahmen arbeite ich? Genüge ich den Prinzipien? Wie und womit geht es weiter?

Die fortschreitende differenzierende Triage ist aus einer speziellen beruflichen Perspektive entstanden. Die Autorinnen und Autoren sind überzeugt, dass es ein leichtes ist, die auf andere Arbeitsfelder in der psycho-sozialen Versorgung zu übertragen. Sogar die Praxis ausserhalb dieser Tätigkeitsfelder vollzieht sich nach verwandten Gesichtspunkten.

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Anna Maria Rüedi, Jacqueline Hesse, Martin Inversini, Regula Mathys, Thomas Aebi
Praxisforschung der Erziehungsberatung des Kantons Bern
Weichen stellen
Fortschreitende differenzierende Triade (FDT)
Forschungsbericht
36 Seiten
2003
978-3-03796-473-6