«Interkulturelle Vermittlung – der Weg zur gelingenderen Kooperation?»
Das Potenzial des interkulturellen Vermittelns für die kindesschutzrechtliche Mandatsführung
Bei einer Kindeswohlgefährdung ist die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) gesetzlich verpflichtet, mit Schutzmassnahmen, beispielsweise Beistandschaften, einzugreifen. Deren Erfolg hängt von der Kooperation der Eltern und der Beistandspersonen ab. Diese setzt voraus, dass die Eltern die Massnahme und deren Zweck nachvollziehen können und mittragen. Jedoch allein die Tatsache, dass die Kindesschutzmassnahmen angeordnet werden, erschwert die Zusammenarbeit. Im interkulturellen Kontext stellen die sprachliche Verständigung und die Akzeptanz der Massnahmen eine zusätzliche Herausforderung für die Kooperation dar. Dies ist deshalb relevant, da die Schweiz ein durch Migration geprägtes Land ist, in dem mehr als die Hälfte aller Kinder mindestens einen eingewanderten Elternteil hat.
Wie dieser doppelten Herausforderung begegnet werden kann, ist in der Schweiz noch nicht erforscht. Die vorliegende Master-Thesis greift daher dieses Thema auf und untersucht das Potential des interkulturellen Vermittelns für die kindesschutzrechtliche Mandatsführung, um
zu eruieren inwiefern interkulturelle Vermittlung die Nachvollziehbarkeit der Massnahmen und somit die Kooperation verbessern kann. Aufbauend auf einer theoretischen Auseinandersetzung wird die Perspektive von fünf interkulturellen Vermittlungspersonen eingeholt. Um ihre Wahrnehmung und Deutung rekonstruieren zu können, wurde hierfür ein qualitativer Forschungszugang gewählt: Es wurden qualitative Expert:inneninterviews geführt, die mit einer Inhaltsanalyse nach Kuckarts und Rädiger untersucht und ausgewertet wurden.
Die Ergebnisse zeigen, dass interkulturelle Vermittlung bei der Aufklärung und Erklärung von Rollen, Verantwortung und Zielen unterstützt. Beistandspersonen werden entlastet und bei den Eltern können Ängste und Widerstand abgebaut werden. Dadurch wird eine Vertrauensbasis geschaffen, die wiederum eine wichtige Voraussetzung für die Kooperation darstellt. Darüber hinaus liefern die Ergebnisse weitere wertvolle Informationen über die Voraussetzungen für eine gelingende Kooperation. Zu diesen Voraussetzungen gehört etwa die interkulturelle Kompetenz, eine der zwingenden Komponenten des beruflichen Profils von Beistandspersonen. Nur wenn diese gegeben ist, können sich Institutionen in den Prozess der interkulturellen Öffnung begeben. Dieser wird als ein bewusst gestalteter Lern- und Veränderungsprozess verstanden, der die Bereitschaft erfordert, sich mit der Thematik des interkulturellen Zusammenlebens zu befassen, und ressourcenreiche Brücken baut. Das interkulturelle Vermitteln erweist sich als wertvolle Stütze dieses Prozesses.