Bauernfamilien unter Druck

Entstehung und Bewältigung von Stress im bäuerlichen Alltag und die Bedeutung von professioneller Hilfe im Coping-Prozess

Ausgezeichnet mit dem Anerkennungspreis des Vereins Alumni BFH Soziale Arbeit

Die Landwirtschaft von heute hat nur noch wenig Ähnlichkeit mit derjenigen vor fünfzig Jahren. Nicht nur die Mechanisierung hat stark zugenommen, sondern auch der ökonomische Druck und die von Bund und Konsument gestellten Anforderungen. Schlagworte wie „Liberalisierung“, „Wettbewerbsfähigkeit“, „Nachhaltigkeit“ und „Multifunktionalität“ prägen die heutige bäuerliche Lebenswelt.

Im Fokus der vorliegenden Betrachtung steht die Bewältigung von belastenden Situationen im Alltag der Bauernfamilie. Es soll beleuchtet werden, wie Stress bewältigt wird und welche Faktoren Bewältigungs-bemühungen begünstigen oder behindern. Des Weiteren steht die Frage im Raum, welche Bedeutung der professionellen Hilfe im Coping-Prozess zukommt. Im theoretischen Teil werden agrarpolitische Entwicklungen dargestellt und die Schweizer Bauernfamilie wird charakterisiert. Aktuelle Ansätze aus der Stress- und Bewältigungsforschung werden vorgestellt. Der empirische Zugang erfolgt durch die Analyse von Telefonprotokollen des Bäuerlichen Sorgentelefons.

Die Resultate zeigen, dass durch die Agrarreformen und den landwirtschaftlichen Strukturwandel der Druck auf die Bauernfamilien in den letzten Jahren gestiegen ist. Den Familienmitgliedern stehen deshalb im Alltag weniger Ressourcen für die Bewältigung von belastenden Situationen zur Verfügung. Nicht bewältigter Stress, andauernd hohe Arbeitsbelastung oder die Häufung von stressreichen Ereignissen münden oft in gesundheitlichen Problemen, familiären Spannungen und Schwierigkeiten in der Partnerschaft. Nicht bearbeitete Konflikte schwächen den familiären Zusammenhalt und gefährden damit auch die Existenz des landwirtschaftlichen Betriebes.

Bauernfamilien verfügen durch die Koppelung von Familie und Betrieb über besondere Stärken und Selbstheilungskräfte. Gleichzeitig erzeugt die Nähe von Familien- und Berufsleben aber auch Situationen, welche die familiären Bewältigungsmöglichkeiten überfordern können. Insbesondere bei der Bewältigung von finanziellen Problemlagen und Generationskonflikten wird die Unterstützung von Dritten oft sehr spät beigezogen. Niederschwellig erreichbare Angebote, wie das Bäuerliche Sorgentelefon, erleichtern es Bäuerinnen, Bauern und ihren Angehörigen, im Coping-Prozess frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Der landwirtschaftlichen Beratung und Ausbildung kommt in der Stärkung individueller, partnerschaftlicher und familiärer Kompetenzen im Umgang mit Stress eine wichtige Funktion zu. Die Soziale Arbeit kann landwirtschaftliche Bildungs- und Beratungszentren dabei mit ihrem
Fachwissen unterstützen.

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Sonja Imoberdorf
Bauernfamilien unter Druck
Entstehung und Bewältigung von Stress im bäuerlichen Alltag und die Bedeutung von professioneller Hilfe im Coping-Prozess
Bachelor-Thesis
100 Seiten
30.11.2012
978-3-03796-445-3