Christliche Soziale Arbeit und Professionalität: ein Widerspruch?

Die Soziale Arbeit im deutschsprachigen Raum scheint sich mit zunehmender Säkularisierung von ihren christlichen Wurzeln abzulösen. Kritische Argumente gegen den Einbezug der christlichen Religion in die sozialarbeiterische Tätigkeit werden immer wieder öffentlich diskutiert – meist in der Auffassung, christliche Soziale Arbeit stehe, aufgrund des engen Bezugs zum Glauben, im Widerspruch zu professionellem Handeln in der Sozialen Arbeit. Die vorliegende Bachelorthesis befasst sich mit der Frage nach der Vereinbarkeit von professionellem Handeln und christlicher Sozialer Arbeit.

Mittels Literaturanalyse wurden Lemmata für professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit dem Professionalitätsverständnis von christlicher Sozialer Arbeit gegenübergestellt und danach gefragt, ob und inwiefern sich christliche Soziale Arbeit und das aktuelle Professionalitätsverständnis im deutschsprachigen Raum widersprechen. Des Weiteren wurden der Gegenstand und das Menschenbild der christlichen und der nicht explizit christlichen Sozialen Arbeit gegenübergestellt.
Die Analyse zeigt auf, dass alle der sieben ausgearbeiteten Lemmata, die für professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit von grundlegender Bedeutung sind, auch im Professionalitätsverständnis der christlichen Sozialen Arbeit relevant sind. Abweichungen zeigen sich vor allem in den unterschiedlichen Menschenbildern.

Mithilfe einer quantitativen Untersuchung in Form einer Online-Befragung wurden Bachelorstudierende der Sozialen Arbeit in der deutschsprachigen Schweiz über ihre Einstellung zu Religion, Spiritualität und den christlichen Glauben in der sozialarbeiterischen Praxis befragt. 293 Studierende haben an der Umfrage teilgenommen (Ausschöpfungsquote 8.4%). Die empirischen Ergebnisse verdeutlichen, dass der christlichen Sozialen Arbeit sowohl positive als auch negative Potenziale zugeschrieben werden. Auf die Frage nach der Vereinbarkeit von Professionalität und christlicher Sozialer Arbeit äusserten sich vor allem Teilnehmende ohne Religionszugehörigkeit skeptisch. Gelingt es den Sozialarbeitenden mit einer christlichen Glaubenshaltung selbstreflektiert, wissenschaftlich fundiert und offen gegenüber anderen Werthaltungen in der sozialarbeiterischen Praxis zu handeln, kann christliche Soziale Arbeit aus Sicht der Mehrheit der Befragten professionell sein.

Aufgrund der Tatsache, dass Fragen zu Menschenbildern und Werthaltungen essentielle und unabdingbare Bestandteile der Sozialen Arbeit und des Menschseins sind, sind alle Sozialarbeitende zugunsten der eigenen Professionalität dazu aufgefordert, ihr eigenes Wertesystem immer wieder selbstkritisch zu hinterfragen. Dieser Anspruch bedingt einen offenen Diskurs über Religion und Spiritualität an Ausbildungsstätten der Sozialen Arbeit und die Möglichkeit, einen professionellen Umgang mit Wert- und Haltungsfragen während der Ausbildung zu habitualisieren.

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Elena Zink, Elena Geissbühler
Christliche Soziale Arbeit und Professionalität: ein Widerspruch?
Bachelor-Thesis
140 Seiten
05.2019