Evaluation Projekt «Gewaltbetroffene Mütter und Kinder stärken»

Schlussbericht

Ausgangslage. Nach einer Pilotphase ab September 2017 startete im März 2019 das Projekt «Gewaltbetroffene Mütter
und Kinder stärken» des Frauenhauses beider Basel. Im Rahmen einer Liaisonvereinbarung zwischen dem Frauenhaus
beider Basel und der Klinik für Kinder und Jugendliche der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (UPKKJ) findet
eine strukturierte, fachliche Zusammenarbeit statt. Drei Angebote sind Bestandteil des Projekts: Erstens können Mütter
und Kinder offene Sprechstunden bei einer Psychologin der UPPKJ wahrnehmen, die diese im Frauenhaus anbietet.
Zweitens steht eine Psychologin der UPKKJ bei akuter Gefährdung der Kinder für Notfalleinsätze zur Verfügung. Drittens
findet ein Austausch und ein Vermitteln von Fachwissen zwischen den Mitarbeiterinnen des Frauenhauses und den Psychologinnen der Liaison der UPKKJ statt. Ziel des Projekts ist einerseits eine schnelle, unbürokratische Abklärungs- und
Interventionsmöglichkeit zur Gewährleistung der kinder- und jugendpsychiatrischen/-psychotherapeutischen Erstversorgung mit Schwerpunkt der Resilienz-Förderung von Mutter und Kind. Andererseits soll durch das Projekt ein interdisziplinäres Verständnis des Bedarfs der Mütter und ihrer Kinder entwickelt werden.
Evaluationsvorgehen. Eine erste interne Evaluation des Projekts hat auf Ende 2019 stattgefunden. Durch die Hochschule Luzern – Soziale Arbeit wird das Projekt mit vorliegendem Bericht extern evaluiert. Für die Evaluation werden
verschiedene Zugänge genutzt, die aufeinander aufbauen. Es wurde eine statistische Analyse der wichtigsten Kennzahlen vorgenommen, basierend auf Daten aus dem Zeitraum von März 2019 bis Dezember 2020. Weiter wurden halbstandardisierte, leitfadengestützte Interviews mit externen Auskunftspersonen, mit Klientinnen, die am Projekt teilgenommen haben, sowie den Leitungspersonen und den Fachpersonen des Frauenhauses beider Basel und der UPKKJ geführt.
In einem halbtägigen Workshop wurden zudem erste Ergebnisse der Interviews der Leiterin und den Mitarbeiterinnen
des Frauenhauses beider Basel sowie den beiden Psychologinnen der UPKKJ präsentiert und gemeinsam besprochen.
Ergebnisse. Die Evaluation zeigt, dass fast die Hälfte der Mütter (43 Prozent) die angebotenen Sprechstunden in Anspruch nimmt, indem entweder sie selbst und/oder ihre Kinder diese wahrnehmen. Wenn Mütter Sprechstunden in Anspruch nehmen, dann nehmen sie meistens zwei (elf Prozent), drei (sechs Prozent) oder vier (13 Prozent) Sprechstunden
in Anspruch. Das Angebot der Sprechstunden wird sowohl von den Klientinnen als auch den involvierten Fachpersonen
positiv beurteilt. Besonders geschätzt wird die Wertschätzung der Klientinnen in den Sprechstunden, die hilfreichen
Empfehlungen, der niederschwellige Zugang und der «eigene Raum», der den Müttern und Kindern geboten wird. Als
herausfordernd werden einige administrative und organisatorische Aspekte beschrieben, wie beispielsweise die Leistungsabrechnung oder die Terminvereinbarungen. Erweiternd wurde im gemeinsamen Workshop vereinbart, dass in
Zukunft auch alle Mütter mit Kindern von null bis zwei Jahren Sprechstunden im Frauenhaus wahrnehmen können sollen
und sich eine der beiden Psychologinnen der UPKKJ auf diese Altersgruppe spezialisiert. Da die beiden Psychologinnen
nicht Fachpersonen für Kinder in der präverbalen Phase waren, konnten die Sprechstunden für diese Kinder und deren
Mütter bisher nicht umfassend im Frauenhaus angeboten werden. 43 Prozent der Kinder, die sich während des Untersuchungszeitraums im Frauenhaus aufgehalten haben, gehören dieser Altersgruppe an. Die Mütter haben die Möglichkeit,
nach den Sprechstunden eine weiterführende Unterstützung ausserhalb des Frauenhauses für sich oder ihre Kinder in
Anspruch zu nehmen. Insgesamt 15 von 20 Klientinnen haben nach den Sprechstunden eine längerfristige Unterstützung in Anspruch genommen. Diese Unterstützung über den Frauenhausaufenthalt hinaus ist wichtig für die Aufarbeitung der Gewaltfolgen und die Unterstützung der Mütter und Kinder, dies wird aus den Interviews mit externen wie internen Gesprächspartnerinnen deutlich. Die Notfalleinsätze haben sich in dieser Evaluation als wichtigen Teil des Projekts herausgestellt. Insgesamt haben im untersuchten Zeitraum drei Notfalleinsätze stattgefunden. Wichtig ist aber
vor allem die Sicherheit, die die Mitarbeiterinnen durch das Angebot haben, dass die Kinder und Jugendlichen in Notsituationen durch eine Psychologin unterstützt werden, die das Frauenhaus und eventuell die Klientinnen bereits kennt.
Zudem werden durch gemeinsame Besprechungen zwischen dem Frauenhaus und der UPKKJ vermehrt Krisen antizipiert. Die bestehenden Gefässe für den interdisziplinären Austausch sollen in ihrer Form beibehalten werden. Wenn auch
aus den Interviews mit den involvierten Fachpersonen hervorgeht, dass der Austausch tendenziell eher zu kurz kommt,
wurden sie im gemeinsamen Workshop als geeignet und ausreichend beurteilt.
Ausblick. Das Projekt konnte gut umgesetzt werden. Mit der Weiterführung des Projekts werden die Mütter und Kinder
in ihrem Bedarf nach einer Aufarbeitung der Gewalterlebnisse unterstützt. Mögliche Erweiterungen des Projekts wurden
diskutiert und können für die Weiterführung des Projekts geprüft werden.

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Rahel Portmann
Evaluation Projekt «Gewaltbetroffene Mütter und Kinder stärken»
Schlussbericht
Sonstiges
31 Seiten
11.03.2021