Geschlossene Unterbringung?

Eine empirische Untersuchung über die Tendenzen der Entscheidungen von KESB-Mitgliedern in der Deutschschweiz bei der Unterbringung von Jugendlichen in geschlossenen Einrichtungen

Die Frage nach der Unterbringung von Jugendlichen in geschlossenen Einrichtungen ist durch die Einführung der professionellen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) in der Schweiz unter neuen Aspekten zu betrachten. Die interdisziplinären Behörden bestehen meistens sowohl aus Fachpersonen mit juristischem wie auch mit sozialarbeiterischem Hintergrund. Mit diesem neu geschaffenen beziehungsweise vom Gesetzgeber bezweckten Mass an Professionalität geht von Seiten der Öffentlichkeit auch ein grosser Druck einher, die gefällten Entscheidungen und Handlungsweisen entsprechend zu begründen, was zuvor bei einer Laienbehörde nicht in diesem Umfang gefordert werden konnte.

Die Entscheidung einer Unterbringung eines, einer Jugendlichen in einer geschlossenen Einrichtung muss sowohl vor dem Hintergrund der Schweizerischen Rechtsgebung wie auch vor dem Hintergrund des Eingriffes in das höchstpersönliche Freiheitsrecht des, der Betreffenden legitimiert werden. Eine Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung ist ebenfalls stark davon abhängig, was von individuellen Entscheidungsträgern und Entscheidungsträgerinnen als Kindeswohlgefährdung wahrgenommen und definiert wird. Dies steht wiederum in Kontrast zu der von professioneller Seite her verlangen Gleichbehandlung und professionell generalisierten Handlungsweise.

In dieser Bachelorthesis wird als Basis der aktuelle Forschungsstand bezüglich der Unterbringung von Jugendlichen sowohl in der Schweiz wie auch in Deutschland zusammengefasst wiedergegeben und daraus abgeleitet folgende Fragestellung definiert: Aufgrund welcher Kriterien entscheiden die Mitarbeitenden einer KESB im Rahmen der Jugendhilfe eine Unterbringung von Jugendlichen in geschlossenen Einrichtungen?

Die vorliegende Bachelorthesis geht auf der Grundlage der empirischen Sozialforschung in Form der Fragebogenerhebung an ausgewählte Mitarbeitende der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden der Deutschschweiz der Frage nach, auf welcher Basis und mit welchen Begründungen eine solche Unterbringung von professionellen Fachpersonen entschieden wird. Dazu werden die zurückerhaltenen qualitativen wie auch quantitativen Daten ausgewertet, in einem Kriterienraster zusammengefasst und analysiert. Die Auswertung der Daten zeigt viele Übereinstimmungen in den Begründungen und Entscheidungen, deckt aber auch Unsicherheiten sowie individuell gefärbte Einzelfallhandlungen auf.

Als Fazit lässt sich ablesen, dass eine generalisierte und verallgemeinerbare Arbeitsweise im Bereich der Entscheidungsfindung aktuell nicht stattfindet. Für die Soziale Arbeit bedeutet dies, dass das Thema und die Herangehensweise an die Unterbringung von Minderjährigen in geschlossenen Einrichtungen zwischen den einzelnen KESB wird diskutiert werden müssen, damit zumindest eine gewisse Einheitlichkeit in den Vorgehensweisen erzielt und somit gegenüber einer kritisch eingestellten Öffentlichkeit eine Legitimationsbasis für Entscheidungen geschaffen werden kann.

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Nora Lehmann
Geschlossene Unterbringung?
Eine empirische Untersuchung über die Tendenzen der Entscheidungen von KESB-Mitgliedern in der Deutschschweiz bei der Unterbringung von Jugendlichen in geschlossenen Einrichtungen
Bachelor-Thesis
69 Seiten
07.05.2015
978-3-03796-537-5