Kein Erhoffen Sondern Bedenken

Widerstand gegen Abklärungen im Auftrag der KESB

Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) haben innert kurzer Zeit nach Inkrafttreten des revidierten Erwachsenenschutzrechts am 01.01.2013 viel kritische Presse erhalten. Die Errungenschaften des neuen Erwachsenenschutzrechts, wie die Selbstbestimmung beim Vorsorgeauftrag, die Professionalisierung der Behörde und massgeschneiderte behördliche Massnahmen fanden keine grosse mediale Beachtung – im Gegensatz zu Behördenentscheide in Einzelfällen.

Einschränkungen von Grundrechten und Eingriffe in die Selbstbestimmung lösen bei der Klientel Widerstand bzw. Reaktanz aus, welche in Sachverhaltsabklärungen, die die Sozialdienste im Auftrag der KESB durchführen, in Erscheinung treten. Solche Fälle beanspruchen viele Ressourcen und stellen hohe Anforderungen an die Sozialarbeitenden. Die vorliegende Bachelor-Arbeit beschäftigt sich mit folgender Fragestellung: Inwiefern können aus den Theorien über den Widerstand bzw. die Reaktanz Erkenntnisse über Ursachen von Widerstand in Sachverhaltsabklärungen im Auftrag der KESB gewonnen werden? Lässt sich daraus beurteilen, ob die öffentliche Meinung einen Einfluss auf den Widerstand der Klientel hat? Können aus diesen Zusammenhängen Praxisimplikationen für die Beratungstätigkeit, Öffentlichkeitsarbeit oder Prävention gewonnen werden? Dabei werden die Auswirkungen des revidierten Erwachsenenschutzrechts, der medialen Berichterstattung über die KESB und der Geschichte des Vormundschaftswesens auf Widerstand und Reaktanz in Sachverhaltsabklärungen im Auftrag der KESB erarbeitet und analysiert.

Aus den Theorien über den Widerstand und die Reaktanz konnten Erkenntnisse über Ursachen von Widerstand in Sachverhaltsabklärungen gewonnen werden. Die Mitwirkungspflicht, die Nähe zum Zwangskontext, die Einschränkungen von Grundrechten und die Problemstellung durch Dritte können aufgrund des dadurch ausgelösten Kontrollverlusts, der wahrgenommen Bedrohung der eigenen Handlungsfreiheit und des Vertrauensverlusts als wichtigste Ursachen von Widerstand und Reaktanz in Sachverhaltsabklärungen angesehen werden. Es lassen sich Hinweise finden, die belegen, dass die öffentliche Meinung einen Einfluss auf den Widerstand und die Reaktanz der Klientel gegenüber der KESB hat. Allerdings ist dabei von komplexen Wechselwirkungen auszugehen. Die Information der Klientel über den Auftrag, die Dienstleistungen und die Vorgehensweisen der KESB in klientelgerechter Sprache und über verschiedene Medienkanäle kann als zentralste Erkenntnis im Bereich der Praxisimplikationen der vorliegenden Arbeit hervorgehoben werden. Durch eine Koordination zwischen den KESB kann dies ressourcensparend und effizient umgesetzt werden. Zudem kann durch Öffentlichkeitsarbeit und Weiterbildungen Vertrauen und Nahbarkeit geschaffen werden, wodurch das Grundbedürfnis der Klientel nach (Selbst-)Kontrolle und Orientierung befriedigt wird. Dadurch können Ängste, Bedenken und Widerstände abgebaut werden, was einen Einfluss auf die Beratungstätigkeit hat.

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Matthias Samuel Schmid
Kein Erhoffen Sondern Bedenken
Widerstand gegen Abklärungen im Auftrag der KESB
Bachelor-Thesis
63 Seiten
06.02.2018
978-3-03796-661-7