Kinder im Fokus von Häuslicher Gewalt
Weitergabe der Gewaltbereitschaft an nächste Generationen und Handlungsmöglichkeiten für die Soziale Arbeit
Häusliche Gewalt ist jahrhundertealtes Phänomen, von dem auch heute noch Kinder beispielsweise in Form von gewaltvollen Erziehungspraktiken betroffen sind. Dies, obwohl sich die Schweiz mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt) zum Schutz von Kindern verpflichtet hat, zeigt unsere Berufserfahrungen aus Frauenhäusern des Kantons Bern, dass die Vernetzung von gewaltbetroffenen Kindern mit adäquaten Unterstützungsmöglichkeiten eine Herausforderung darstellt. Zudem ist festzustellen, dass gewaltausübende oder -erlebende Bezugspersonen häufig so stark mit der eigenen Gewaltgeschichte beschäftigt sind, dass sie als Bindungspersonen kaum präsent sind und gegenüber den Kindern weniger feinfühlig und kommunikativ auftreten (Osofsky & Fenichel 1994, McKay 1994, nach Dlugosch, 2010, S.42).
Diese erkannte Vernachlässigung von gewaltbetroffenen Kindern wird in dieser literaturbasierten Bachelorthesis anhand folgender Fragestellung aufgegriffen:
ʺWie können Fachkräfte der Sozialen Arbeit von Häuslicher Gewalt betroffene Kinder unterstützen, damit erlebte Gewaltdynamiken nicht reproduziert, sondern verarbeitet werden können?ʺ
Zunächst wird der Begriff häusliche Gewalt geklärt und die betroffene Zielgruppe eingegrenzt. Anschließend wird das Thema aus drei Perspektiven beleuchtet: Aus einem Aspekt der Generationen, der sich auf einen kurzen historischen Rückblick bezieht, um veraltete Vorstellungen in Bezug auf die Kindererziehung aufzudecken und durch zeitgemässere pädagogische Erwartungen an die Fürsorgepflicht abzulösen. Einen zweiten gesundheitlichen Aspekt, in dem mögliche Gewaltfolgen und die Reproduktion von Gewalterfahrungen anhand Traumata und intergenerationale Weitergaben der Gewaltdynamiken aufgezeigt werden. Und einem dritten und letzten „Aspekt der Soziologie“, wobei gesellschaftliche Mechanismen untersucht werden und die Sozialisationsinstanz „Familie“, das Modelllernen, das Geschlecht sowie Rollenzuschreibungen und hierarchische Strukturen im Fokus stehen.
In einem dritten Schritt werden bestehende Angebote der Sozialen Arbeit zur Unterstützung von Gewaltbetroffenen analysiert. Woraufhin im Diskussionsteil deutlich wird, dass Bindung, Trauma und Sozialisation zentrale Faktoren der intergenerationalen Weitergabe sind. Wofür die Soziale Arbeit auf Ansätze setzt, die in der Opferhilfe, in Präventionsprogrammen an Schulen und mit Erwachsenen mit ganzheitlicher und systemischer Unterstützung wirken. Dabei steht immer die Ressourcenorientierung und Resilienzförderung der Kinder im Mittelpunkt.