Klientinnen mit einer unipolaren Depression oder einer Angststörung in der Sozialhilfe

Herausforderungen und Empfehlungen für die Praxis

In der Praxis zeigt sich, dass es schwierig ist, Klientinnen mit einer Depression oder einer Angststörung in der Sozialhilfe gerecht zu werden. Die betroffenen Frauen können die gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkungspflicht aufgrund ihrer Symptomatik nicht immer erfüllen, was auch für Sozialarbeitende eine besondere Herausforderung ist. Es wird deshalb der Frage nachgegangen, wie Sozialarbeitende in der Sozialhilfe diese Klientinnen adäquat unterstützen können.

Zur Beantwortung der Fragestellung wird Fachliteratur zur Sozialhilfe, zu psychischer Gesundheit und Krankheit sowie zu frauenspezifischen Aspekten psychischer Störungen aufgearbeitet: Zunächst werden gesetzliche Grundlagen der Sozialhilfe, ihre Prinzipien und der Wandel in der Sozialpolitik aufgezeigt. Danach werden Depressionen und Angststörungen aus psychiatrischer Sicht beschrieben und in den Rahmen von psychischer Gesundheit und Krankheit eingebettet. Es folgt eine Erläuterung der Wirkung von Geschlechterstereotypen, Gewalterfahrung und Frauenarmut auf die psychische Gesundheit. Die Diskussion frauenspezifischer Beratungsprinzipien und Überlegungen zu Stigmatisierung schliessen die Aufarbeitung der Fachliteratur ab.

Herausforderungen für eine bedarfsgerechte Unterstützung von Klientinnen mit einer Depression oder einer Angststörung in der Sozialhilfe ergeben sich auf individueller, organisatorischer und gesellschaftlicher Ebene. Schwierigkeiten im Umgang mit den Betroffenen zeigen sich bezüglich Haltung, Wissen und Handlungen der jeweiligen Fachpersonen.

Dementsprechend werden Lösungsansätze auf unterschiedlichen Ebenen vorgeschlagen: In der Beratungssituation sollen die Symptomatik der psychischen Störung sowie frauenspezifische Lebensumstände und Risikofaktoren gleichermassen berücksichtigt werden. So muss zum Beispiel eine mögliche Gewaltbetroffenheit in Betracht gezogen werden. Auf der Ebene der Organisation sind Voraussetzungen zu schaffen, die den Sozialarbeitenden die Ausübung ihrer Tätigkeit nach professionellen Standards ermöglichen. Dafür müssen die individuellen Problemlagen bei der sozialen und beruflichen Integration berücksichtigt werden. Es fragt sich, wie Lücken im System der sozialen Sicherheit geschlossen werden könnten. Eine allgemeine Erwerbsversicherung würde den Druck auf die betroffenen Frauen verringern und eine Verpflichtung von Arbeitgebern zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen könnte der Individualisierung sozialer Probleme entgegenwirken.

Insgesamt zeigt sich, dass eine wertschätzende Haltung und spezifisches Fachwissen der Sozialarbeitenden für eine Unterstützung von Frauen mit Depressionen oder Angststörungen wichtig sind, aber nicht genügen. Grundlegende gesellschaftliche Veränderungen wären nötig, wie zum Beispiel eine alternative Definition von Arbeit, eine Entstigmatisierung psychischer Krankheit und letztlich die Beseitigung geschlechtsspezifischer Ungleichheit und Diskriminierung.

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Brigitte Steiner, Bettina Dolder
Klientinnen mit einer unipolaren Depression oder einer Angststörung in der Sozialhilfe
Herausforderungen und Empfehlungen für die Praxis
Bachelor-Thesis
121 Seiten
16.07.2018
978-3-03796-680-8