Männliche Sexarbeit und Soziale Arbeit

Sexarbeit findet zwar im Zwielicht statt, ihre Anbietenden befriedigen aber eine grosse Kundschaft. Dass auch Männer anderen Männern Sex verkaufen, scheint dabei oft in Vergessenheit zu geraten.
Im Bereich der weiblichen Sexarbeit ist die Soziale Arbeit seit einiger Zeit präsent und nimmt verschiedene Funktionen ein. Entsprechend existiert mittlerweile ein breit gefächertes Fachwissen über die Lebens- und Problemlagen der Frauen und zur Zusammenarbeit. Hinsichtlich der männlichen Sexarbeit lässt sich das nicht feststellen. Die vorliegende Arbeit widmet sich daher der Ausgestaltung Sozialer Arbeit im Milieu der männlichen Sexarbeit unter dem Blickwinkel der Bedürfnislage und -abdeckung. Die Hauptfragestellung lautet: Was sind mögliche Problemlagen und Unterstützungsbedürfnisse von männlichen Sexarbeitenden und wie sieht diesbezüglich die Rolle der Sozialen Arbeit aus?

Im ersten Teil der Bachelor-Thesis wird ein Verständnis für den Forschungsgegenstand geschaffen. Dazu dienen theoretische Grundlagen zur männlichen Sexarbeit, zu den möglichen Problemlagen darin sowie der Rolle der Sozialen Arbeit in Bezug auf Beratung und Unterstützung männlicher Sexarbeitenden. Die Arbeit beinhaltet weiter einen empirischen Teil, welcher der Kontextualisierung und dem Abgleich der theoretischen Daten mit den tatsächlich vorgefundenen Bedingungen dient. Mittels vier leitfadengestützten Interviews, drei davon mit zwei aktiven Sexarbeitern und einer ehemaligen, transsexuellen Sexarbeitenden, sowie einem Gespräch mit dem Stellenleiter des HerrMann (eine von zwei Fachstellen für männliche Sexarbeitende in der Schweiz), wurden die benötigten Informationen erhoben. Für die Auswertung der Daten wurde nach der qualitativen Inhaltsanalyse vorgegangen. Die Zusammenführung der Theorie und der Ergebnisse aus den Interviews der Arbeit lassen folgende wichtige Schlussfolgerungen zu:

Es können viele mögliche Problemfelder festgestellt werden, die einen Rückschluss auf Unterstützungsbedürfnisse ermöglichen. Als Beispiele sind gesundheitliche, rechtliche oder soziale Aspekte zu nennen. Bei der Bearbeitung von Problemen ist es notwendig zu berücksichtigen, dass Sexarbeitende als Experten ihrer Situation agieren und über persönliche Bewältigungsstrategien verfügen.

Die Rolle der Sozialen Arbeit im Bereich der männlichen Sexarbeit ist nicht abschliessend bestimmt. Es fehlen theoretisch gut abgestützte, erprobte Handlungskonzepte, speziell hinsichtlich Faktoren wie der hohen Mobilität der Sexarbeitenden und der Verlagerung der Kommunikation in das Internet. Ebenso ist eine Positionierung der Sozialen Arbeit zur männlichen Sexarbeit an sich notwendig, damit die Interaktion mit den Sexarbeitenden einen Bezugsrahmen erhält. Es besteht zudem Potential in der Konzeption von Beratungs- und Unterstützungsangeboten, beispielsweise betreffend Anlaufstellen oder der Präsenz im Internet. Deren Finanzierung wird jedoch schwierig, wenn die männliche Sexarbeit weiterhin wenig Beachtung findet.

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Elena Bieri, Rico Plüss
Männliche Sexarbeit und Soziale Arbeit
Bachelor-Thesis
98 Seiten
23.09.2016
978-3-03796-594-8