Nichtbezug von Sozialhilfe in der Migrationsbevölkerung der Stadt Basel

Untersuchung der Häufigkeit, Gründe und Folgen von Nichtbezug anhand administrativer Daten und Experteninterviews

In den letzten Jahren gibt es vermehrt Hinweise und Bedenken, dass Mirgrant:innen trotz bestehendem Anspruch auf eine Unterstützung durch die Sozialhilfe verzichten, weil sie ausländerrechtliche Konsequenzen fürchten. Die vorliegende Masterarbeit nimmt sich dieser Thematik an und beleuchtet näher, wie sich der Nichtbezug von Sozialhilfe in der Migrationsbevölkerung der Stadt Basel ausgestaltet.

Die Untersuchung basiert auf einer Kombination von quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden. In einem ersten Schritt werden verknüpfte Administrativdaten der Stadt Basel ausgewertet, um einen Überblick über das Ausmass, die Dauer und die Risikofaktoren des Nichtbezuges für Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft zu erhalten. Zudem wird untersucht, ob sich die Revision des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) im Jahr 2019 verstärkend auf den Nichtbezug in der Migrationsbevölkerung auswirkt. Anschliessend werden qualitative Experteninterviews mit Fachpersonen von Nichtregierungsorganisationen in Basel geführt, welche in ihrer Tätigkeit direkt mit nichtbeziehenden Migrant:innen in Kontakt sind. Damit werden wichtige Einblicke in die Beweggründe und Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Nichtbezug von Sozialhilfe gewonnen.

Die Ergebnisse zeigen, dass der Nichtbezug bei Migrant:innen ein relevantes Problem darstellt. Die Nichtbezugsquote bei Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft bewegt sich in den Jahren 2016 bis 2020 zwischen rund 31% und 36%, diejenige der Schweizer:innen liegt derweil rund 5 Prozentpunkte tiefer. Dabei weisen Personen aus EU/EFTA-Staaten und Personen mit Niederlassungsbewilligung eine erhöhte Nichtbezugswahrscheinlichkeit auf. Zudem kann ein kausaler Effekt der Revision des AIG festgestellt werden: Für die betroffenen Drittstaatenangehörigen erhöht sich die Nichtbezugswahrscheinlichkeit nach der Revision signifikant. Auch in den Experteninterviews wird deutlich, dass die ausländerrechtlichen Konsequenzen ein relevanter Hinderungsgrund sind, weshalb die Migrationsbevölkerung trotz Anspruch auf einen Sozialhilfebezug verzichtet. Weitere Gründe sind mangelndes Wissen über Ansprüche, Rechte und Pflichten, hohe administrative Anforderungen sowie das Gefühl von Autonomieverlust und Stigmatisierung.

Um dem Sozialhilfebezug zu umgehen, verschulden sich die Betroffenen in ihrem Umfeld, nehmen Kredite auf, stellen Stiftungsgesuche oder erhöhen ihr Arbeitspensum. Zudem versuchen sie, ihre Ausgaben zu senken, indem sie beispielsweise beim Grundbedarf und der Freizeitgestaltung sparen oder auf Arztbesuche verzichten. In der Folge geraten die Betroffenen häufigin eine Schuldenspirale. Zudem hat der Nichtbezug negative Auswirkungen auf die körperliche sowie psychische Gesundheit und belastet die Sozialbeziehungen. Die Erkenntnisse dieser Arbeit sollen dazu beitragen, die bestehenden Lücken im System der sozialen Sicherheit zu identifizieren und die Existenzsicherung der Migrationsbevölkerung zu verbessern

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Nadine Elsener
Nichtbezug von Sozialhilfe in der Migrationsbevölkerung der Stadt Basel
Untersuchung der Häufigkeit, Gründe und Folgen von Nichtbezug anhand administrativer Daten und Experteninterviews
Master-Thesis
94 Seiten
04.08.2023
10.26038/912834