Somatoforme Schmerzstörungen im Zusammenhang mit dem schweizerischen Sozialversicherungssystem
Lösungsansätze für die Soziale Arbeit und die interdisziplinäre Zusammenarbeit
Somatoforme Schmerzstörungen sind ein häufiges Phänomen: Gemäss diversen Studien leiden zehn bis zwanzig Prozent der Bevölkerung an dieser Schmerzform. Die Schmerzen können derart stark sein, dass eine Weiterführung der Arbeitstätigkeit nicht mehr möglich ist, wodurch sich die Schmerzbetroffenen in den verschiedenen Zweigen des schweizerischen Sozialversicherungssystems wiederfinden. Um eine Chronifizierung der Schmerzen zu vermeiden, ist von medizinischer und sozialarbeiterischer Seite her ein rasches Handeln gefragt. Zur Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit sollen deshalb Lösungsansätze und Handlungsmöglichkeiten für Sozialarbeitende entwickelt werden, die anhand folgender Forschungsfrage erarbeitet werden sollen: Menschen mit somatoformen Schmerzstörungen in der sozialarbeiterischen Beratung: Welche Chancen können verpasst werden? Welche präventiven Massnahmen könnten ergriffen werden?
Die Datenerhebung erfolgt anhand von episodischen Interviews; die Daten werden durch die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. Befragt werden zwei Schmerzbetroffene, wovon der Eine wieder arbeitstätig ist, der Andere keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen kann. Die Ergebnisse zeigen, dass Betroffene die Entscheide der Sozialversicherungen nicht verstehen können. Neben der schwierigen gesundheitlichen und sozialen Situation bedeutet der Abweis von Leistungen der Sozialversicherungen eine unsichere existenzielle Zukunft und damit eine enorme Zusatzbelastung. Weil die Entscheidungen nicht nachvollzogen werden können, entwickelt sich ein Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins. Weiter wird eine Überforderung im administrativen Umgang mit den verschiedenen Sozialversicherungen deutlich. Ein zentraler Punkt stellt ausserdem das Vertrauen in Ärztinnen und Ärzte sowie in Sozialarbeitende dar. Dieses wird durch falsche Zusicherungen und nicht eingehaltene Abmachungen gebrochen.
Um Menschen mit einer somatoformen Schmerzstörung sozialarbeiterisch beraten zu können, sind Kenntnisse über die Diagnose unabdingbar. Eine frühzeitige Erkennung und Förderung der Ressourcen wirkt einer Chronifizierung entgegen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Fundierte Kenntnisse des Sozialversicherungssystems helfen, unrealistische Leistungserwartungen zu erkennen und zu relativieren. Um das Verständnis des Sozialversicherungssystems zu fördern, können wiederholte Erklärungen und Begründungen mithilfe visueller Hilfsmittel hilfreich sein. Durch praktische Hilfestellungen und Handlungsanleitungen kann einer Überforderung im administrativen Umgang mit den Versicherungen entgegengewirkt werden. Zur Förderung des Vertrauens sollen Sozialarbeitende dem Beziehungsaufbau genügend Beachtung schenken und darauf achten, dass ihre Zusicherungen eingehalten werden.