Soziale Arbeitswelt

Werte und Demographie im Wandel

Im Spannungsfeld steigenden Kostendrucks, ökonomischer Effizienzorientierung und des sozialen Auftrags, die gesellschaftliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderung zu stärken und jene zu autonomer Lebensweise zu befähigen, stossen Arbeitnehmende im Handlungsfeld des stationären Behindertenwesens zunehmend an die Grenzen der Machbarkeit. Die Rahmenbedingungen der Arbeit werden als Belastung wahrgenommen und mindern die Attraktivität des Arbeitsfeldes. Die Konzentration der Organisationen auf zielgruppenorientierte Dienstleistungserbringung gerichtet, werden personalpolitische Entwicklungen vernachlässigt.

Ziel dieser Arbeit ist es, auf dieses Versäumnis hinzuweisen sowie auf die Gefahr bevorstehender Einschnitte durch verstärkten demographisch bedingten Fachkräftemangel sowie den sich wandelnden Wertorientierungen, Anspruchshaltungen und Konstitutionen nachrückender Generationen auf dem Arbeitsmarkt. Die zentrale Frage lautet: Welche Entwicklungen sollten Organisationen des stationären Behindertenwesens anstreben, um für künftige Arbeitnehmende als attraktive Arbeitgebende zu gelten und um als soziale Organisationen längerfristig auf dem Markt zu bestehen?

Zur Ergründung des Themenkomplexes werden theoretische wie empirische Zugänge geschaffen. Basierend auf der Strukturationstheorie Giddens' werden Wert- und Generationenkonzepte sowie soziodemographische Veränderungen erkundet, organisationssoziologische Gedankenlinien verfolgt und das Zusammenwirken dieser Dimensionen auf die Arbeitswelt Sozialer Arbeit und den Handlungskontext des stationären Behindertenwesens übertragen. Eine deskriptiv-explorativ angelegte Untersuchung im Mixed-Methods-Design erschliesst Wertorientierung, Arbeitseinstellung, sowie Resilienz- und Gesundheitserleben von 502 Auszubildenden und Studierenden der Sozialen Arbeit unterschiedlicher Altersstufen. Ergänzend eröffnen semistrukturierte, leitfadengestützte Interviews mit sieben Fach- und Führungspersonen aus vier Organisationen für Menschen mit Behinderung, Zugänge zur organisationalen Wahrnehmung der sich wandelnden Personalsituation und erkundet diesbezüglich initiierte strategische Ausrichtungen der Organisationen.

Die Resultate bestätigen, dass junge und künftige Arbeitnehmende dem Berufsleben geringere Bedeutung beimessen, sich distanzierter positionieren und gleichzeitig ein höheres Belastungsempfinden anzeigen. Betriebe sehen sich stärker gefordert, enge Führungsarbeit zu leisten und erkennen die Zunahme psychischer Belastungen ebenso wie es sich herausfordernder gestaltet, Fachkräftelücken zu schliessen. Die unterschiedlichen Ausrichtungen und Konstitutionen der Organisationen lassen keine universellen Lösungen greifen. So schliesst die Arbeit mit Handlungsimpulsen, welche zur organisationsspezifischen Sensibilisierung und Massnahmenprüfung anregen, denn: Es besteht Handlungsbedarf!

Mehr Weniger
Anita Weber
Soziale Arbeitswelt
Werte und Demographie im Wandel
Master-Thesis
236 Seiten
06.05.2022