Sozialhilfebezug als Instrument der Migrationskontrolle
wenn Status über Recht steht
2019 wurde mit dem revidierten Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) ein Instrument zur Steuerung der Migrationsbevölkerung geschaffen. Die im AIG umschriebenen Integrationskriterien machen die finanzielle Selbständigkeit bzw. die Unabhängigkeit von der Sozialhilfe zu einer wichtigen Voraussetzung für die Erteilung respektive Verlängerung der Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligung von Drittstaatsangehörigen. Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen einer qualitativen Studie untersucht, welche Auswirkungen das AIG auf armutsbetroffene Drittstaatsangehörige hat und wie sich das gesetzliche Integrationsverständnis auf die Praxis der Sozialen Arbeit auswirkt. Dazu wurden drei problemzentrierte Interviews mit Betroffenen durchgeführt. Die Forschungsergebnisse zeigen Widersprüche in der Anwendung ausländerrechtlicher Massnahmen beim Sozialhilfebezug. Diese widerspiegeln sich vor allem in den unterschiedlichen Anforderungen und Integrationsbemühungen von Sozialdiensten und Migrationsbehörden. Immer öfter verzichten armutsgefährdete Migrant:innen aus Angst vor ausländerrechtlichen Konsequenzen auf Sozialhilfeleistungen, was den Ausschluss aus dem sozialen Sicherungssystem zur Folge hat und die Partizipation an der Gesellschaft beeinträchtigt. Aufbauend auf den Ergebnissen und Erkenntnissen der vorliegenden Arbeit wird ein Handlungsbedarf vorgeschlagen, der sowohl die Perspektive von armutsgefährdeten Migrant:innen in den Mittelpunkt stellt, als auch Ziele wie Inklusion und die wünschenswerte Haltungsposition von Sozialarbeiter:innen in öffentlichen Sozialdiensten verfolgt.