Traumatisiert durch Intersex-Genitalverstümmelung?

Einordnung von geschlechtszuweisenden Eingriffen an Kindern mit Variationen der Geschlechtsentwicklung ohne medizinische Notwendigkeit in die Psychotraumatologie

In der vorliegenden Bachelor-Thesis bearbeiten wir die folgende Fragestellung:
Welche Schlussfolgerungen können aus der Psychotraumatologie gezogen werden für die Betroffenen von “geschlechtszuweisenden Eingriffen an Kindern mit Variationen der Geschlechtsentwicklung ohne medizinische Notwendigkeit” (GEKO)?

Zur Beantwortung dieser Frage setzen wir uns mit interdisziplinärem Grundlagenwissen über GEKO als Literaturarbeit auseinander. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Analyse des medizinischen Diskurses und den politischen Haltungen zu den potenziellen Menschenrechtsverletzungen. Dabei fokussieren wir den deutschsprachigen Raum, aber nehmen auch eine globale Perspektive ein. Abschliessend stellen wir in diesem ersten Theorieteil ein Fallbeispiel und Behandlungserfahrungen vor, um die Perspektive betroffener Personen einfliessen zu lassen.

In einem weiteren theoretischen Teil legen wir relevante Grundlagen der Psychotraumatologie dar für die potenziell traumatische Situation GEKO. Wir legen die Entwicklung dieses Gebietes der Psychologie dar und betrachten dabei auch die Zukunftsaussichten. Wir berücksichtigen unterschiedliche Formen und Verständnisse von Traumata.

Der Kernteil unserer Arbeit verfolgt das Ziel, GEKO als potenziell traumatische Situation einzuordnen. Damit wollen wir die Relevanz der Erforschung dieses spezifischen Ereignisses und seinen möglichen Auswirkungen aufzuzeigen. Wir betrachten Entwicklungssequenzen von Kindern, aus welchen wir altersspezifische Herausforderungen für GEKO-Betroffene ableiten. Dies ist wichtig, da Traumata als multifaktorielle Prozesse beurteilt werden sollen. Wir versuchen das sequenzielle Traumakonzept von Keilson anzuwenden. Aufgrund der mangelnden empirischen Datengrundlage zu GEKO ist dieser Versuch gescheitert. Weiter stellen wir Schutz- und Risikofaktoren vor, welche sich auf den potenziell traumatischen Prozess auswirken können und Anhaltspunkte auf wichtige zu erschliessende Ressourcen liefern, wie beispielsweise eine sichere Bindung.

Im letzten Teil der Arbeit wenden wir uns den Implikationen für die Praxis und dem Bedarf an trans- und interdisziplinärer Zusammenarbeit zu. Den Fokus legen wir dabei auf die kritische Soziale Arbeit. Dazu leiten wir aus dem Professionsverständnis die Aufgaben der Sozialen Arbeit zur Prävention von GEKO und allfälligen daraus resultierenden Traumata ab. Die Einführung weiterer Personenstandsregister-Einträge neben männlich und weiblich ist ein Beispiel dazu. Als Menschenrechtsprofession ist die Soziale Arbeit dazu verpflichtet, den vorliegenden Vorwürfen der sogenannten “Intersex-Genitalverstümmelung” nachzugehen.

Mehr Weniger
Leonie Frauenfelder, Andrina Imhof
Traumatisiert durch Intersex-Genitalverstümmelung?
Einordnung von geschlechtszuweisenden Eingriffen an Kindern mit Variationen der Geschlechtsentwicklung ohne medizinische Notwendigkeit in die Psychotraumatologie
Bachelor-Thesis
135 Seiten
12.2022
10.26038/743691