Wie eine ganz normale Familie
Einfluss von Familienbildern auf die Praxistätigkeit von Professionellen der Sozialen Arbeit – Eine empirische Analyse
Familienbilder geben – kurz dargestellt – individuelle Vorstellungen von Familie wieder. Sie werden durch die biografischen Erfahrungen geprägt und übernehmen im Alltag eine in der Regel nicht bewusst zugängliche handlungsleitende Orientierungsfunktion. Sie sind vergleichbar mit einer Folie, anhand welcher andere Familien bewertet und eingeordnet werden können. In diesem Sinne wirken Familienbilder auf die Art und Weise wie Familien wahrgenommen werden ein. Im professionellen Kontext kann sich dies als problematisch erweisen, wenn das Familienbild als Grundlage für die Beurteilung von familialem Zusammenleben dient und dabei unreflektiert als Norm übernommen wird. Die Beurteilung ob eine Familie eine „gute“ Familie ist, gehört zum Arbeitsalltag von Professionellen der Sozialen Arbeit im Bereich des Kindesschutzes. Der Zusammenhang zwischen Familienbild und dem Blick auf Klientinnen und Klienten Sozialer Arbeit hat sich in der Vergangenheit immer wieder als problematisch erwiesen wie das Beispiel der aktuellen Aufarbeitung zur administrativen Versorgung zeigt. In dieser Arbeit soll nun der Frage nachgegangen werden wie sich Familienbilder von Sozialarbeitenden in ihrem professionellen Handeln zeigen. Zur Beantwortung der Fragestellung wurde eine Fallbesprechung an einer Teamsitzung mit einer Sozialpädagogischen Familienbegleitung untersucht, indem die Besprechung aufgezeichnet, transkribiert und anhand der dokumentarischen Methode nach Bohnsack ausgewertet wurde.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich Familienbilder von Sozialarbeitenden als Normalitätsvorstellungen und als orientierungsgebende Funktion in der Fallbesprechung finden lassen. Im Gespräch transportieren Teamitglieder eigene Vorstellungen von Familie. Es wird jedoch ebenfalls ersichtlich, dass diese vereinzelten normativen Beiträge im Verlauf der Fallbesprechung bearbeitet und relativiert werden. Der Blick auf die Familie im bearbeiteten Fall bewegt sich von einer Orientierung an normativen Vorstellungen von Familie hin zu einer Anerkennung von familialer Realität. Voraussetzung für diesen Prozess bilden sowohl die Fallbesprechung als spezifische Form professionellen Handelns als auch die methodische Herangehensweise des Teams. Sie nehmen einen relevanten Einfluss auf die Wahrnehmung von familialer Lebensgestaltung ein und werden daher als wichtige Elemente zur Bearbeitung individueller Familienbilder erkannt.