Anwendung der systemischen Haltung und Systemischen Familientherapie zur Überwindung der Opfer-Täter-Dynamik bei häuslicher Gewalt
Das Thema Gewalt, auch im häuslichen Kontext, ist komplex. Die öffentlich geführteDiskussion wird überwiegend von Grundsätzen geleitet, dass jemand entweder Opferoder Täter, Täterin ist. Wobei die Täterrolle stigmatisierend dem Mann und die Opferrolle stigmatisierend der Frau zugeordnet wird. In der öffentlichen Diskussion steht tendenziell eher die systematische/patriarchale Gewalt im Fokus. Die situative und spontane Gewalt wird dort kaum thematisiert, obwohl diese gemäss Statistik etwa 84 Prozent der häuslichen Gewalt ausmacht.Es ist bekannt, dass Konflikte sich in einer wechselseitigen Opfer-Täter-Dynamik entwickeln und eskalieren. Dies geschieht auch im Fall von häuslicher Gewalt. Die polarisierende und stigmatisierende Sicht spielt dabei auch eine Rolle. Leichte Gewalt kannsich bei einem fortlaufenden Konflikt zu schwerer Gewalt entwickeln.Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie sich Gewalt in einer Opfer-Täter-Dynamikentwickelt und welchen Beitrag die systemische Haltung und die Systemische Familientherapie leisten kann, um diese Opfer-Täter-Dynamik zu durchbrechen. Was bedeutet dieser Beitrag für die Gestaltung der Angebote zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt.Es handelt sich um eine theoretische Arbeit. Sie wird ergänzt durch ein explorativesInterview, welches die Erfahrungen in der Anwendung der systemischen Multifamilientherapie bei häuslicher Gewalt zur Beantwortung der Fragestellung mit einbringt.Aus persönlicher Sicht sind die Systemische Familientherapie und die systemischeMutlifamilientherapie, basierend auf der systemischen Haltung, ein Gewinn für die therapeutische Arbeit bei häuslicher Gewalt. Sie können einen wichtigen Beitrag für einennachhaltigen Ausstieg aus einem Konfliktverhalten leisten, das von Gewalt geprägt ist.Durch die Bearbeitung der ursächlichen Defizite bei den Betroffenen werden Grundsteine gelegt, welche eskalierenden Konfliktdynamiken entgegenwirken. Wenn OpferTäter-Positionen nicht mehr polarisierend und stigmatisierend betrachtet werden, verlieren sie ihre Relevanz. Sie nähren nicht mehr die Macht-Ohnmacht-Positionen unddie Schuldfrage fällt weg. Die Dynamik der Gewaltspirale verliert ihre Kraft. Sowohl diesystemische Haltung als auch die Systemische Familientherapie stellen ein wichtigesund relevantes Element in der Gestaltung der Angebotslandschaft zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt dar.