Care Farming und Selbstwirksamkeit

Eine ethnographische Feldforschung über die Platzierung eines Jugendlichen

Care Farming ist ein Konzept, bei dem soziale Dienstleistungen auf landwirtschaftlichen Betrieben angeboten werden. In der Schweiz werden Platzierungen von Jugendlichen nach diesem Konzept oft von Fachpersonen der Sozialen Arbeit begleitet. Die wissenschaftliche Grundlage, mit der Sozialarbeitende im Bereich Care Farming ihr professionelles Handeln begründen, ist jedoch ungenügend. Die Thesis soll dieser Problematik entgegenwirken. Sie befasst sich mit der Frage, inwiefern Care Farming durch den gemeinsamen Arbeits- und Familienalltag die Selbstwirksamkeitserwartung platzierter Jugendlicher beeinflusst.

Die empirischen Daten wurden mittels fokussierter Ethnographie während eines dreitägigen Aufenthalts auf einem Bauernhof mit einem platzierten Jugendlichen generiert und mit der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ausgewertet. Die Fragestellung wurde anhand der Selbstwirksamkeitstheorie nach Bandura (1997) bearbeitet. Bandura beschreibt in dieser Theorie vier Quellen von Selbstwirksamkeitserfahrungen. In dieser Thesis wird untersucht, inwiefern diese Quellen im Arbeits- und Familienalltag vorhanden sind und welche Auswirkungen diese auf die Selbstwirksamkeitserwartung des Jugendlichen haben.

Die zentralen Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die zu bewältigenden Aufgaben im Arbeits- und Familienalltag den Fähigkeiten des platzierten Jugendlichen angepasst werden können. Dies ermöglicht dem Jugendlichen kontinuierliche Erfolgserlebnisse unabhängig von seinen Fähigkeiten. Ebenso kann der Jugendliche einfache Fertigkeiten bis hin zu komplexen Fähigkeiten schrittweise erlernen. Die Verbesserung der persönlichen Ressourcen und die gemachten Erfolgserlebnisse erhöhen beide die Selbstwirksamkeitserwartung des Jugendlichen. Im gemeinsamen Arbeits- und Familienalltag kann der Jugendliche bei den Betreuungspersonen erfolgreiches Handeln beobachten. Gleichzeitig identifiziert er sich stark mit ihnen. Dies steigert beim Jugendlichen den Glauben daran, dass er selber Erfolge erzielen kann, womit seine Selbstwirksamkeitserwartung erhöht wird.

Das Beispiel der Feldforschung zeigt auf, dass im Arbeits- und Familienalltag der Bauernfamilie alle vier Quellen von Selbstwirksamkeitserfahrungen vorhanden sind. Daraus lässt sich schliessen, dass das Konzept Care Farming gute Voraussetzungen für eine Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung bietet. Wenn die Jugendlichen diese Voraussetzungen nutzen können, verbessern sie durch die Platzierungen das Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie später mit verschiedenen Lebenssituationen erfolgreich umgehen können, womit ein Beitrag zur Befähigung von Menschen als wichtiges Ziel der Sozialen Arbeit geleistet wird.

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Franziska Graf, Patrick Löffel
Care Farming und Selbstwirksamkeit
Eine ethnographische Feldforschung über die Platzierung eines Jugendlichen
Bachelor-Thesis
113 Seiten
11.07.2017
978-3-03796-630-3