(De-)Motivationssemester

Eine Analyse sozialpädagogischen Handelns und Intervenierens im SEMO Plus in Bern aus gesellschaftstheoretischer Perspektive

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Thematik sozialpädagogischen Handelns und Intervenierens im Rahmen des niederschwelligen und sozialpädagogisch ausgerichteten Motivationssemesters SEMO Plus in Bern. Das Motivationssemester (SEMO) ist eine schweizweit angelegte arbeitsmarktliche Massnahme, welche im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklungen und wirtschaftlichen Umstrukturierungsprozessen seit den 1990er-Jahren mit dem Ziel der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit im Jahr 1996 entstanden ist. Der Übergang in eine berufliche Grundbildung ist für Jugendliche in der Schweiz heutzutage schwieriger denn je. Immer häufiger müssen sie an dieser Stelle Brückenangebote nutzen. Ein Motivationssemester ist für Jugendliche ohne eine Anschlusslösung oftmals die letzte Möglichkeit, in eine zertifizierende Ausbildung übertreten zu können. Da jedoch selbst in diesen Brückenangeboten nur rund die Hälfte der Jugendlichen den gewünschten Übertritt schafft, wurde im Kanton Bern eine besonders niederschwelliges Motivationssemester – das SEMO Plus – geschaffen. Mehr Zeit, weniger Druck und ein sozialpädagogischer Ansatz sollen hier Jugendlichen mit Mehrfachproblematiken zu einer Anschlusslösung verhelfen. Doch der gewünschte Erfolg bleibt aus – auch im SEMO Plus schafft es nur rund die Hälfte der Jugendlichen in eine Anschlusslösung. Aus diesem Grund stellt sich uns die Frage, inwiefern im SEMO Plus in Bern (sozial-)pädagogische Auseinandersetzungen zwischen dem Fachpersonal und den Jugendlichen stattfinden. Um uns dieser empirischen Fragestellung anzunähern setzen wir uns zunächst mit den theoretischen Bezügen zu sozialpädagogischem Handeln auseinander. Martin Graf hat in einer Hausarbeit (1988) sozialpädagogisches Handeln und Intervenieren mit Hilfe der Theorie des kommunikativen Handelns nach Habermas (1981) legitimiert. Kommunikatives, verständigungsorientiertes Handeln ermöglicht Entwicklung und damit Sozialintegration, was für die berufliche Integration von Jugendlichen vorauszusetzen ist. Demgegenüber stehen strategische Handlungen, wo mittels latenter Drohungen gewünschte (kurzfristige) Verhaltensveränderungen bei den Jugendlichen bewirkt werden können. Um uns selbst ein Bild zu machen beobachten wir bei einer teilnehmenden Beobachtung im SEMO Plus Garten in Bern die Interaktionen zwischen den Jugendlichen und den Fachpersonen. Die in Form von Feldnotizen gesammelten Beobachtungen werten wir qualitativ und entlang unserer Erkenntnisse aus den theoretischen Bezügen aus. Unsere Ergebnisse zeigen, dass im SEMO Plus Garten in Bern nahezu keine sozialpädagogischen Auseinandersetzungen per Definition stattfinden. Die Jugendlichen werden dadurch in ihrer Entwicklung nicht gefördert und bleiben sich mehrheitlich selbst überlassen. In Bezug auf sozialarbeiterische Handlungsfelder zeigen unsere Herleitungen und Ergebnisse die Relevanz von gelingender Beziehungsarbeit zwischen Fachpersonen und Adressaten auf.

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Joanna Kvale, Stefan Schmocker
(De-)Motivationssemester
Eine Analyse sozialpädagogischen Handelns und Intervenierens im SEMO Plus in Bern aus gesellschaftstheoretischer Perspektive
Bachelor-Thesis
102 Seiten
05.2019