Die Beratung genitalbeschnittener Frauen in der Sozialen Arbeit – von negativen Konstruktionen und deren Folgen
Ein Plädoyer zu anerkannter Gleichheit und Verschiedenheit
Forschungen ergaben, dass migrierte genital beschnittene Frauen tendenziell mehr an psychischen Problemen leiden als betroffene Frauen, die sich in ihrem Heimatland befinden. Die Psychologin Dorin Katharina Strenge hat auf Grund dieser Ausgangslage eine Grounded Theory erfasst. Dabei machen die betroffenen Frauen, durch dominierende negative Zuschreibungen des Aufnahmelandes, einen Bewusstwerdungsprozess bezüglich ihrer eigenen Beschneidung durch. Dieser endet damit, dass sich die Frauen selbst verstümmeln und als Opfer sehen. Die Autorin dieser Fachliteraturarbeit erklärt diese Wahrnehmungsverschiebung anhand der Systemtheorie von Niklas Luhmann. Weiter setzt sie sich mit dem Stressaspekt auseinander. Dafür bedient sie sich der Epigenetik und kann so auf individueller Ebene eine Erklärung geben, weswegen die Frauen unterschiedlich auf negative Konstruktionen des Umfeldes reagieren. Die Professionellen Sozialer Arbeit werden immer mehr Kontakt mit Frauen haben, die genital beschnitten sind. Deswegen ist es von grosser Relevanz, dass die Fachpersonen, entgegen den Stereotypisierungen und negativen Zuschreibungen der Aufnahmegesellschaft, unvoreingenommen und ohne negative Konstruktionen auf die Frauen zugehen, um die Entwicklung psychischer Probleme zu vermindern. Edwin Hoffman hat sich intensiv mit negativen Konstruktionen und Stereotypisierungen auseinandergesetzt und ein Modell geschaffen, welches die sozialarbeiterische Fachperson in der eigenen Auseinandersetzung ihrer Konstruktionen und in der transkulturellen Gesprächsführung anleiten soll.