Selbstbestimmung in der Mandatsführung
Perspektiven von KESB-Mitarbeitenden und ihre Zusammenarbeit mit Beistandspersonen
Die Revision des Erwachsenenschutzrechts von 2013 hatte zum Ziel, die Selbstbestimmung von verbeiständeten Personen zu fördern. Bisherige Forschungsergebnisse zeigen, dass die Zusammenarbeit zwischen Beistandspersonen und der KESB für die Förderung von Selbstbestimmung in der Mandatsführung bedeutsam ist. Diese Bachelorarbeit untersucht, wie die Mitarbeitenden der KESB Selbstbestimmung im Erwachsenenschutz verstehen und wie sie mit den Beistandspersonen im Rahmen der Förderung von Selbstbestimmung zusammenarbeiten.
Um die Fragestellung zu beantworten, werden die theoretischen Grundlagen des Erwachsenenschutzes und der BRK dargelegt. Der Begriff der Selbstbestimmung wird beleuchtet und in den Kontext des Erwachsenenschutzes eingeordnet. Zudem werden die Aufgaben der KESB und deren Zusammenarbeit mit den Beistandspersonen verortet. Schliesslich werden Expert:inneninterviews mit Mitarbeitenden zweier KESB im Kanton Bern durchgeführt.
Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zeigen, dass die Mitarbeitenden der KESB Selbstbestimmung als Fähigkeit zur Willensbildung, zur Entscheidungsfindung und zur Umsetzung des eigenen Willens verstehen. Sie beeinflusst den Entscheid über die Anordnung einer behördlichen Massnahme wesentlich und wird auch in der Mandatsführung als ein zentrales Ziel erachtet. Die Mitarbeitenden der KESB verfügen über ein ausgeprägtes methodisches Verständnis zur Umsetzung der Selbstbestimmung. Dabei sehen sie einige Hindernisse. Gemäss den Erkenntnissen der Untersuchung ermöglichen verschiedene Austauschgefässe zwischen der KESB, den Beistandspersonen und den Leitenden der Sozialdienste eine Zusammenarbeit und fachliche Diskussionen, u. a. fallbezogen zur Selbstbestimmung. Die Rollen der KESB und der Beistandspersonen werden klar getrennt: die Förderung der Selbstbestimmung stellt eine Aufgabe der Beistandspersonen dar. Aus verschiedenen Gründen wird die praktische Umsetzung von der KESB nicht kontrolliert. Die Mitarbeitenden der KESB messen einer gemeinsamen Fehlerkultur in Bezug auf die Förderung der Selbstbestimmung unterschiedliche Bedeutungen zu. Fehler werden zwar teilweise besprochen, eine verschriftliche Fehler-kultur besteht jedoch nicht.
In Zukunft soll die Nutzung von Alternativen zu behördlichen Massnahmen gefördert werden. Um die Selbstbestimmung in der Mandatsführung fördern zu können, müssen die zeitlichen Ressourcen von Beistandspersonen sowie institutionelle Rahmenbedingungen angepasst werden. In Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen der KESB und Beistandspersonen kann durch weiterführende Untersuchungen die Perspektive der Leitenden der Sozialdienste erfragt und die Austauschgefässe in anderen KESB der Schweiz untersucht werden. Aus den Er-kenntnissen dieser Bachelorarbeit ergeben sich zudem die weiterführenden Fragestellungen, wie die KESB ihre Kontrolle der Förderung der Selbstbestimmung umsetzen und wie die Fehlerkultur zwischen der KESB und den Beistandspersonen konkretisiert werden kann.